Anna Vonnemann paints. She paints in the manner of the old masters. Her works include large-scale floral compositions and sensual depictions of the human body. At first glance, one might not suspect that she originally began her career as a conceptual artist, and that this intellectual heritage continues to live on in her paintings.
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Anna Vonnemann malt. Sie malt in altmeisterlicher Manier. Großformatige Blumenbilder, und sinnliche Körper. Man würde auf den ersten Blick nicht darauf kommen, dass sie eigentlich als Konzeptkünstlerin begonnen hat. Und dass dieses geistige Erbe auch in ihren Gemälden weiterlebt. Als Schülerin von Franz Erhard Walther, dem großen Antipoden von Joseph Beuys und Avantgardisten eines neuen Werkbegriffs der 1960 und 70er Jahre, überträgt sie die von Walther aufgeworfenen Fragen nach Material und Handlung in die Malerei.
Mich fasziniert der konzeptionelle Anteil von Malerei schon immer. Besonders, wenn er in der überaus sinnlichen Weise erscheint, wie bei Anna Vonnemann. Diese Sinnlichkeit speist sich aus einem tiefen Wissen und Verständnis des Wesens von Malerei. Selbstverständlich hat sie – wie auch ihr Lehrer Walther – alle großen Meister studiert – Rubens, Van Dyk, die Italiener. Anna Vonnemann experimentiert – im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit – mit der manuellen Reproduktion, der Selbstkopie. Was sie daran interessiert ist die Differenz, der feine Unterschied, und die Tatsache, dass es immer einen Unterschied geben wird. Und der ist bedeutsam. So wie der antike Philosoph Heraklit davon sprach, dass man nie in den gleichen Fluss steigen könne, und der französische Semiotiker und Literatur-Philosoph Roland Barthes darauf verwies, das jede wiederholte Lektüre eines Texts eine neue, andere Realisierung schaffe, so verweisen Anna Vonnemanns Sujet-Wiederholungen genau auf dieses Phänomen: der eigentlichen Unwiederholbarkeit, und Moment-Gebundenheit unserer Existenz. Darin steckt auch viel barockes Memento Mori – und carpe diem. Und man kann sich fragen, ob darin nicht eben auch eine Spur der Werk-Aktivierungen ihres Lehrers aufscheint: Indem das Werk erst entsteht, wenn ein Mensch handelnd sich mit ihm in Beziehung setzt, und im Moment der Aktivierung – die keine Performance ist! – einen Unterschied macht. Almut Hüfler, Berlin 2024
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